Nach 30 Seemeilen von Helgoland kommt Land in Sicht. Die Warften auf den Halligen schweben wie kleine Schiffe am Horizont und der Leuchtturm von Amrum liegt voraus.

Der Hafen Wittdün auf Amrum hat jetzt eine Rundumanlage, bei der es zwischen den Stegen zwei Stunden um Hochwasserzeit für TROLL tief genug ist. Auf der Außenseite kann man sogar bei Niedrigwasser noch festmachen, denn dort ist für den Seenotrettungskreuzer noch tiefer gebaggert.

 

In Wittdün treffen wir die JOHANNA VON AMRUM, eine Hoogaars von 11,12 m Länge (Ohne den 6 m langen Klüverbaum) , 4,08 m Breite und mit 0,90 m Tiefgang für die Wattengebiete besonders geeignet. Die JOHANNA ist uns bekannt aus der Serie "Land zwischen den Meeren" von Manfred Schulz im NDR-Fernsehen (Nicht mehr in der ARD Mediathek, aber noch bei Youtube!). Damals war sie noch weiß "aber das ist so schlecht sauber zu halten" mein der Eigner, Wilhelm Ruempler.

Von Wittdün aus radeln wir in das wunderschöne Dorf Nebel, um das Öömrang Hüs zu besuchen. Es ist um die 360 Jahre alt und teils noch im Original erhalten. Es gehörte einem Kapitän, der im dänischen Dreieckshandel mit Sklaven sehr reich wurde.

Weiter geht es zur Nachbarinsel Föhr. Dort wollen wir das Museun der Westküste in Alkersum besuchen. Neben der Dauerausstellung eindrucksvoller, impressionistischer Gemälde und der gelungenen Architektur des spiegelverglasten Neubaus, interessiert uns besonders die Austellung mit Luftaufnahmen der Wattensee von Peter Hamel. Großartig die abstrakten Muster, die die Priele, Wind und Wasser geschaffen haben.

Begeistert hatten die Segler der Fu SHAN über die Hallig Oland berichtet. Da müssen wir auch hin! Auf dem Weg von Wyk um die Hallig Langeness, die ihrem Namen alle Ehre macht,  steht der gegenlaufende Strom so stark gegenan, dass wir Oland mit Hochwasser keinesfalls erreichen würden So laufen wir die Hallig Hooge an. Reichlich spät, baggern wir uns vor zum Bollwerk. Dem Eigner des Bootes vor uns war das Manöver mit aller Kraft von Trolls starker Maschine nicht geheuer! Im stand die Panik ins Gesicht geschrieben und er hielt krampfhaft die Vorleine fest, die wir bereits übergeben hatten. Wir sichern Troll mit einem Fall gegen das Umkippen beim Trockenfallen. Deutlich sind bei Niedrigwasser die Furchen zu sehen, die der Kiel von TROLL in den Schlick gepflügt hat.

Der kieine Hafen von Hooge ist stark belegt, denn es ist am Wochenende Schleusenfest.

Rund um das Clubhaus auf den hohen Stelzen laufen die letzten Vorbereitungen. Alles wird mit Fähnchen geschmückt. Da darf die Flagge des DSV doch nicht fehlen!

Von Hooge aus, das wir nur bei Hochwasser verlassen können, würden wir Oland wieder nicht erreichen. So segeln wir am nachsten Tag mittags kurz vor Hochwasser zurück nach Wittdün und da ist ... Hafenfest! In Amrum treffen wir MERKUR mit Dörte und Stefan. Als die Kinder nich klein waren haben wir mit Diemerts  zusammen wir viele schöne Törns gemacht. Es werden Erinnerungen wach.

In einem Regionalkrimi hatte ich von der Blauen Maus, einer Kultkneipe auf Amrum gelesen, deren Wirt hunderte verschiedener Whiskysorten sammelt und anbietet. Der Besuch ist ein Muss, auch wenn wir keinen Whisky bestellen. Aber wir sehen Sorten, deren schottische Destillerien wir bereits besuchet haben: Oban, Tobermory, Campbelltown, ... Unglaublich was der Wirt an Dekoration alles zusammengetragen hat, oder bringen die Gäste das mit, z.B. gestrickte blaue Mäuse?

Tatsächlich erreichen wir die "Brücke" von Oland über eine beprickte Zufahrt, die allerdings nicht, wie auf der Karte angegeben, von Tonne "Schlüttsiel 8" sondern von "SCHL 10 " abgeht. Vor uns liegt nur ein einziges Boot mit einem netten Paar aus Olenbrook an der Elbe bei Cuxhaven. 

Von diesem bekommen wir eine private Führung über die Warft und Hallig, die mit dem Festland auf der einen und der Hallig Langeness auf der anderen durch einen Deich mit einspuriger Lorenbahn verbunden ist. Die Schienen stammen vom Bau des Hindenburgdamms nach Sylt und die Loren sind eigene Schweißkunstruktionen, fast wie im DSV. Nur hier haben sie einen TÜV-Stempel. Früher fuhren diese mit Segeln, heute werden sie von Motoren angetrieben. Die Fahrzeiten sind durch den Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein streng geregelt. Morgens vor Arbeitsbeginn, also vor 8:00 Uhr, und abends nach Feierabend dürfen die Bewohner ihre Loren nutzen. Wehe dem, der am Festland feststellt, dass er Autoschlüssel oder Portemonnaie vergessen hat. Der verbringt einen "schönen" Tag in Dagebüll. Nur Übernachtungsgäste und Einwohner dürfen mit den Loren befördert werden.

Einmal die Woche bringt eine Lore die Bestellungen beim Kaufmann auf dem Festland.

 Der strohgedeckte, kleinste Leuchturm Deutschlands sendet sein Sektorenlicht zu den Fähren im Fahrwasser nach Dagebüll.

 

Möwen, Strandläufer und ein Löffler lassen sich von uns nicht stören. Der Besuch der Hallig Oland ist zweifellos ein Höhepunkt der Reise.

Am folgenden Tag bleibt die Hallig - sag niemals Insel(!!!) - mit dem Wattfahrwasser zürück. Wir hatten nicht erwartet, dass es mit 2,00 m so tief sein würde, bis wir erfahren, dass der Priel für das Touristenboot in jedem Frühjahr gespült wird. Die Gaststätte öffnet übrigens nur, wenn dieses anlegt oder Wattwanderer erwartet werden.

Der Weg nach Sylt führt entweder außen um Amrum herum (Umweg), zwischen Amrum und Föhr über ein Wattfahrwasser (kennen wir) oder zwischen Föhr und dem Festland über das Watt (kennen wir noch nicht). Da der Wind aus Nord kommt, ist letzteres unsere Wahl. Zu Beginn zeigen noch rote und grüne Tonnen das Fahrwasser, als wir uns mir auflaufendem Wasser dem Prickenstrich nähern. Bald stellen wir fest, dass einer der Stürme der letzten Wochen von fast allen Backbordpricken die Köpfe abgeknickt hat. Einige schauen nur als Stümpfe wenige Zentimeter aus dem Wasser und sind selbst durch das Fernglas kaum zu sehen. Die Hälfte ist schlicht verschwunden. Mit der elektronischen Seekarte - hoffentlich ist der Priel noch dort, wo er angezeigt wird - und Echolot tasten wir uns vorwärts:  70 cm, 65 cm, 50 cm. Der Track ist eingeschaltet, denn wenn es weniger als 30 cm unter dem Kiel werden, müssen wir den geordneten Rückzug entlang dieses Tracks antreten. So weit kommt es nicht, dess es wird wieder tiefer. In der Mitte ändert sich die Betonnungsrichtung. Unklar ist, ob es sich wirklich um abgebrochene Steuerbordpricken oder abgebrochene Backbordstangen handelt. Wir testen auf beiden Seiten und finden auf der rechten Seite mit 100 cm unter Kiel das Fahrasser wieder. Bald darauf setzen wir Segel und nehmen Kurs Hörnum.

 

Dort stehen die vermissten Pricken am Kai und warten auf ihren Einsatz. Der Leuchttrm von Hörnum kann -  im Prinzip - besichtigt werden. Auf der ersten Etage war früher die Schule. Wir wandern einmal um den Turm, ohne einen Aufgang zu finden. "Dazu müssen sie sich für eine Führung anmelden" erfahren wir. Die nächste findet am Folgetag statt. Beim Restaurant das Gleiche: "Einen Tisch kann ich ihnen nur noch für morgen anbieten". Aber die Fischbude hat noch Räucherfisch für unser Abendessen. Tourismus auf Sylt. Aber der nette Hafenmeister versorgt uns mit Diesel.

Schwacher Wind aus Südwest. Da wird Sylt sehr lang. Wir setzen den Blister und unterstützen diesen mit dem gerade erworbenen Kraftstoff. Es steht eine unangenehme Dünung, so dass wir das Lister Landtief meiden und die große Zufahrt wählen.

Wir laufen Havneby auf Rømø an und beobachten fasziniert die Strandsegler am Ufer. Im Hafen versuche ich einen Beitrag für die "Flaschenpost" zu schreiben und habe auch ein gutes Internet: FRS. Als ich speichern möchte, ist das Netz plötzlich verschwunden und die Arbeit der letzten 30 Minuten auch. Kurz darauf ist es wieder da und ich nehme einen neuen Anlauf. Wieder ist das WLAN weg! Da dämmert ws mir: Ich war mit dem WLAN des Fährschiffes nahebei verbunden, das gerade den Hafen Richtung Sylt verläßt. Dann eben nicht.

Am folgenden Tag nehmen wir den Bus nach Juvre im Norden der Insel. Dort gibt es den Komandørsgården, ein 250 Jahre altes und sehr sehenswertes Gehöft mit der originalen Einrichtung. Ob es früher auch so sauber und geruchsneutral war? In den Stallungen wird das Skelett eines Wals ausgestellt und über Strandungen an Rømøs Küsten berichtet. Zu jeder Strandung kann man mit dem Handy einen QR-Code scannen, der zu interessanten Hintergrundinformationen führt, die ein Sprecher mit österreichischem Aktent vorträgt. Das Ganze ist so interessant, dass wir die Zeit vergessen. Bis zur Haltestelle sind es 30 Minuten zu Fuß und wir würden den Bus verpassen. Wir werden zu Anhaltern. En älterer Däne mt Pickup hält und zeigt bedauernd auf nur einen Sitz. Ich nehme Barbara auf den Schoß. Wir erreichen die Haltestelle rechtzeitig, aber es kommt kein Bus: "kun Skoldagen" informiert uns das Haltestellenschild. Es sind Ferien! In Gegenrichtung fährt später noch ein Bus "kun ikke Skoldagen", der auch tatsächlich eine dreiviertel Stunde später auftaucht. Gerettet.

 

Unser nächster Hafen ist Norby auf Fanø. Hier treffen wir die Crew der Fu SHAN wieder, die wir schon aus Amrum und Helgoland kennen. Für den kommenden Tag sind 5-6 Bft angesagt und wir beschließen Strandsegler zu mieten! Am Folgetag radeln wir über die Insel nach Søderho, dem angeblich schönsten Dorf Dänemarks. Es gibt tatsächlich viele pittoreske, reetgedeckte Häuser und sogar einen Hafen.

 

Søderho war früher einmal ein bedeutender Hafen. Das ist lange her! Dort liegt KAREN, ein alter Frachtensegler, so wie er früher die Inseln früher versorgt hat Die Karen ist 100 Jahre alt, 31 Fuß lang und 9 Tonnen schwer. Sie hat einen Petroleummotor der C. Mollerups Maskinfabrik in Esbjerg mit 12 PS und konnte bis 16 Tonnen laden.  

Wenn man den Informationen trauen darf, so wurde die Fahrrinne zu diesem kleinen Hafen auf  1,70 m bei Hochwasser ausgebaggert. Bei aller Begeisterung für Tidenmatschlöcher scheint mir der "Hafen" für einen Versuch mit TROLL nicht geeignet.

 

Vor der Rückfahrt, immerhin 15 km gegen den Wind, stärken wir uns.

Nördlich von Esbjerg liegt Blåvands Fyr und Horns Rev. Außen herum segelt man einen Umweg von mehr als 30 Meilen. Zudem liegen dort mehrere gigantische Windparks. Da so gut wie kein Wind und keine Welle herrscht, entscheiden wir uns für ein unbetonntes Gatt dicht unter der Küste. Wir sind nicht die Einzigen, die auf dem Weg nach Hvide Sande diese Abkürzung nehmen. Die Tiefe erweist sich mit mehr als 3 m als ausreichend. So erreichen wir die Schleuse in den Ringkøbing Fjord und können mit Glück um 21:00 Uhr noch durchschleusen. Wir liegen im idyllischen Hvide Sande Lystbådehavn. Wir verabreden ein Treffen mit Sven und Familie, die in der Nähe Urlaub machen.

Wir haben einen neuen Kartensatz vom NV-Verlag dabei. Leider schweigt sich dieser über den mit 300 km² Fläche größten Küstensee Dänemarks komplett aus. So ist es nicht verwunderlich, dass wir hier praktisch keine fremden Yachten antreffen. Gut, dass wir noch die elektronischen iSailer-Karten haben, denn der Fjord ist an seinen Rändern ausgesprochen flach. Im Süden liegt Bork, mit seiner großen Bucht mit hüfthohem Wasser ein Paradis für Wind- und Kitesurfer. Der Ort besteht aus einer Ansammlung von Ferienhäusern, Camping- und Wohnmobilstellplätzen. Am Hafen bietet eine "Einkaufsstraße", hübsch aus der Retorte, alles was der Tourist braucht, Eis, Strandkleidung, Pommes, Fischbrötchen und eine Ayurveda Massagepraxis, falls man es beim Surfen übertrieben hat.

Uns zieht es zur malerischen Stadt Ringkøbing, wo wir an die Nachcrew mit Sören und Kindern übergeben werden. Wir machen gründlich sauber und lassen den Kunstrasen, der unter den Polstern für Trockenheit sorgt, auf dem Vorschiff in der Sonne lüften. Das Vorschiff sieht aus wie ein Minigolfplatz.

So geht der erste Teiil unseres Törns 2024 zu Ende, aber die Rückfahrt über Hamburg mit dem Auto soll noch Überraschungen bieten.