Während das hintere Feld gerade Kap Korn gerundet hat, rasen die führenden Yachten mit 20 Knoten der Ziellinie in Les Sables d'Olonne in Frankreich zu. Die Vendée Globe ist das härteste Einhand-Segelrennen der Welt, das Bootsmaterial und Skipper an die Grenze der Belastung und darüber führt. So mussten von 33 gestartetenIMOCA Yachten 7 aufgeben und eine Yacht ist sogar gesunken. Jeder, der es schafft dies Rennen durchzustehen, ist schon ein wahrer Sieger. So erleben wir am Mittwoch Abend einen aufregenden Kampf um einen Platz auf der Siegertreppe. Ein Segelkrimi, wie er spannender nicht sein könnte.
Als erster geht Charlie Dalin (APIVIA) am Mittwoch den 27.Januar 2021 um 20:35 über die Ziellinie. 80 Tage 6 Stunden und 15 Minuten liegen hinter ihm und 29150 über Grund gesegelte nautische Meilen (54.000 km ); Teilweise mit fast 40 km Durchchnittsgeschwindigkeit in 24 Stunden. Das ist ein Tagesetmal von nahezu 1000 km. Doch ist er damit noch nicht der Sieger, denn er wird eng verfolgt von drei Yachten: SEAEXPLORER/MALIZIA II, MAÎTRE COQ IV und YES WE CAM, die wegen ihrer Beteiligung an der Rettungsaktion von Kevin Escoffier Anfang Dezember vor Kapstadt Zeitgutschriften erhalten haben.
So hat auch Boris Herrmann , der einzige Deutsche in dem Regattafeld, noch eine Chance, als er mit 20 kn 80 Meilen vom Ziel entfernt an dritter Position durch die Biskaya fliegt. durch ein Seegebiet, in dem reger Schiffsverkehr herrscht.
Und dann dann die Nachricht: Die SEAEXPLORER/MALIZIA II ist mit einem Fischkutter kollidiert!
Niemand ist verletzt aber die Steuerbordtragfläche sowie ein Want sind stark beschädigt. Es geling Boris Herman in einer dramatischen Aktion das Boot soweit zu sichern, dass er weitersegeln kann, allerdings statt mit 20 "nur" noch mit 8 Knoten. Aus vier werden zehn lange Stunden bis zur Ankunft! Sein Team an Land und alle Segel-Fans rätseln: Wie konnte das passieren wo doch seine Hightech ihn hätte warnen müssen: Radar, OSCAR, und AIS?
Vier Stunden später läuft Luis Burton (BUREAU VALLÉE) über die Ziellinie. Bei der BUREAU VALLÉE gab es in der Nähe des Äquators wegen eines Feuers einen Blackout in der gesamten Elektrik. Lediglich der Autopilot blieb intakt. Yannick Bestaven (MAÎTRE COQ IV) folgt in der Nacht mit einem Rückstand von 7.44 Stunden. Durch seine Zeitgutschrift von 10:15 Stunden erreicht er Platz 1. Später in der Nacht um 4:42, nur neun Stunden nach dem ersten geht auch Thomas Ruyant (LINKED OUT)(LINKED OUT) durchs Ziel. Bei der LINKED OUT musste Thomas Ruyant nach einer Kollision mit Treibgut die Backbordtragfläche absägen und später kämpfte er dann noch gegen ein leckes Bugsegment!
Am Donnerstag um 10:19 hat es auch Boris Herrmann (SEAEXPLORER/MALIZIA II ) ins Ziel geschafft. Man sieht die Beschädigung am Bug und die Steuerbordtragfläche schlackert erheblich. Er hat den Platz auf der Siegertreppe verpasst aber ist angekommen! Welcher Platz das sein wird steht jedoch noch nicht fest, denn er wird verfolgt von Jean Le Cam, der in einer unfassbaren Aktion Kevin Escoffier 840 Seemeilen vor Kapstadt bei Nacht, Sturm und in 5 Meter hohen Wellen gefunden und gerettet hat. Dafür sind ihm 16:15 Stunden gutgeschrieben worden. Andererseits hat Boris Herrmann sein Ziel, bei seiner ersten Teilnahme unter die ersten 10 zu kommen, jetzt schon übertroffen. Und mehr: Auf seinem Boot hat er ein 20 Kg schweres automatisches Labor mitgeführt, das ständig wertvolle Daten des Meerwassers aufgezeichnet hat, wie sie sonst nur von Forschungsschiffen wie der Polarstern erhoben werden!
Eine Stunde später segelt Damien Seguin (APICIL) einhand ins Ziel, und das im wörtlichen Sinne: Seguin hat mit seiner einen Hand bei vier Paralympics schon Gold und Silber gewonnen. Und jetzt hat er dieses härteste Rennen der Welt gemeistert. Giancarlo Pedote (PRYSMIAN GROUP) , einer der wenigen teilnehmenden Italiener, folgt 44 Minuten später als siebter. Noch ist Jean Le Cam (YES WE CAM) nicht im Ziel. Für den fast 61-jahrigen ist es die 4-te Vendrée Globe. Sein Boot ist das einzige in der Spitzengruppe, das keine Foils hat. Endlich um 19:12, weniger als 24 Stunden nach dem Ersten, erreicht er das Ziel und mit der Zeitvergütung den 4 Platz. Jetzt steht auch das Ranking für Boris Herrmann fest, er wird 5-ter.
Nach 80 Tagen auf See, nach einem fesselnden Rennen nonstop um die Welt, gehen die führenden 8 Yachten innerhalb eines Tages durchs Ziel, unfassbar! Gewinner ist Yannick Bestaven. Boris Herrmann hingegen hat ebenfalls gewonnen, die Sympathien von unzähligen Menschen in Deutschland und darüber hinaus. Seine packenden Berichte während des gesamten Rennens, gespannt verfolgt von Seglern und Nicht-Seglern, werden im Gedächtnis bleiben. Danke.
PS: Die MALIZIA II steht übrigens für 2.700.000 € zum Verkauf, falls jemand selber am nächsten Vendée Globe teilnehmen möchte.